- In den letzten Wochen ist mir aufgefallen, dass es vermehrt Fernsehsendungen und Artikel zu dem Thema „toxische Beziehungen“ und „Narzissmus in Beziehungen“ gibt. Zumindest bin ich auf diese Berichte aufmerksam geworden. Dies hat mich dazu veranlasst, einen Blogbeitrag über Verlustangst im Zusammenhang mit emotionaler Abhängigkeit zu schreiben, da mir diese in der täglichen Arbeit mit Klienten und Klientinnen häufig begegnet.
Was ist emotionale Abhängigkeit?
Von emotionaler Abhängigkeit würde ich sprechen, wenn ein Mensch zu mir in die Praxis kommt und sagt, dass das Leben nur Sinn macht mit diesem einen Partner. Nur dann kann diese Person wirklich glücklich sein und ihr ganzer Wert als Mensch ist von der Bewertung des Partners abhängig.
„Nur mit dir geht es mir gut“ “ Mein ganzes Glück ist diese Beziehung“
Solche oder ähnliche Formulierungen werden geäußert in abhängigen Beziehungen. Wenn ich ohne den Partner nicht sein kann oder nicht in der Lage bin, meine Gefühle selber zu regulieren, sind dies ebenfalls Anzeichen. Der Partner ist auf Geschäftsreise oder verabredet sich mit Freunden. Für emotional abhängige Partner ist dies ein großes Problem. Zum einen können sie in den meisten Fällen nicht gut alleine sein und bekommen Angst. Zum anderen treten vermehrt Sorgen auf um die abwesende Person oder auch Eifersucht, dass er oder sie fremd gehen könnte. Die starken Gefühle wie Angst, Wut oder Eifersucht können schlecht bis gar nicht selber reguliert werden. Dafür braucht es den Partner, der sie beruhigt oder ihnen versichert, dass sie der oder die einzige sind in dessen oder deren Leben. Die starke Verlustangst führt dazu, dass sich die Menschen oftmals stark an ihren Partner klammern und möglichst immer mit ihm zusammen sein wollen. Dies kann eine Beziehung sehr belasten.
Liebe oder emotional abhängig?
Wenn ich meinen Partner liebe gehe ich eine Bindung ein. Und in gewisser Weise bin ich dann auch von Nähe oder Aufmerksamkeit „abhängig“. Als Beziehungspartner kann ich meine Bedürfnisse nach Akzeptanz, Autonomie oder Anerkennung selber erfüllen, genau wie ich mich auch selber beruhigen kann und meine Gefühle reguliere. Als emotional abhängiger Mensch, kann ich dies nicht mehr. Mein Partner ist für meine Bedürfnisse zuständig und ich brauche dessen Unterstützung, um mit aufkommenden Gefühlen umzugehen.
Wie entsteht emotionale Abhängigkeit
Aus meiner therapeutischen Sicht ist ein wichtiger Punkt zu sehen, welche Form der Beziehung unsere erste war. Die Beziehung zu unseren ersten Bezugspersonen meine ich. In den meisten Fällen sind dies die Mutter und der Vater. Wenn ich in meiner Kindheit in einer symbiotischen Beziehung (ein anderes Wort für abhängig) zu meiner Mutter war, habe ich diese Beziehungsform als „normal“ erlebt. Vielleicht brauchte die Mutter das Kind, um sich gut und bestätigt zu fühlen oder hat ihre Gefühle dort abgeladen. Oder das Kind wurde dafür verantwortlich gemacht, dass es der Mutter schlecht geht, weil es sich in deren Augen vielleicht nicht richtig verhalten hat. Ein weitere Punkt ist ein geringes Selbstwertgefühl, also ein Mangel an Selbstachtung. Wenn ich mir über meinen eigenen Wert nicht bewusst bin und diesen nicht fühle, komme ich leicht in Versuchung, mir diese Bestätigung bei anderen Menschen zu holen. In einer Beziehung ist dies dann der Partner. Solange er mir wohlgesonnen ist und alles „gut“ läuft wird auch mein Selbstwertgefühl entsprechen gepusht werden. Kippt die Beziehung und dem Partner gefällt irgendetwas nicht an mir oder meinem Verhalten, sinkt entsprechend meine Selbstachtung wenn er oder sie mich kritisiert.
Verlustangst kann entstehen wenn ich als Kind traumatische Erfahrungen gemacht habe oder der Kontakt zu meinen Eltern nicht stabil genug war. Möglicherweise hatten die Eltern eine psychische Erkrankung oder konnten aus anderen Gründen nicht im emotionalen Kontakt sein.
Wie kann ich meine Verlustangst los werden und mich aus emotionaler Abhängigkeit lösen?
Zunächst ist es erst einmal wichtig zu erkennen, ob Sie in einer emotionalen Abhängigkeit zum Partner sind. Treffen die oben angeführten Punkte auf sie zu? Sind Sie unsicher ohne ihren Partner? Brauchen Sie ständig Bestätigung von ihm? Geht es Ihnen auch gut ohne ihn, oder scheint Ihnen das Leben sinnlos im Falle einer Trennung? Letztendlich entscheidet der Leidensdruck in ihrer Beziehung ob sie das Gefühl haben „etwas stimmt nicht“. Ein wichtiger Punkt in der therapeutischen Arbeit ist das Gefühl der Selbstachtung zu stärken. Zum anderen kann auch mit dem „Inneren Kind“ gearbeitet werden um zu sehen, welche Verletzungen trage ich in mir und was brauch ich, um mich wieder stark zu fühlen. So stark, dass ich mir all das geben kann, was ich von meinem Partner erwarte. Negative Glaubenssätze erkennen und umformulieren, sowie Selbstfürsorge lernen und sich selber etwas Gutes zu tun kann auch ein Schritt in die Kraft sein.
Die Art und Weise Beziehungen zu leben kann sich verändern, es kann somit ein Prozess zu mehr innerer Freiheit und Freude sein.
Wenn Sie Unterstützung bei ihrem persönlichen Prozess brauchen, melden Sie sich gerne!
Herzlichst Ihre Andrea Götte